Als wir als Manara Projekt entschieden unser Supervisionstreffen nach draußen zu verlegen, war es zu aller erst ein ganz pragmatischer und der Zeit geschuldeter Grund - wir wollten den Sommer in Mitte August noch genießen und es vermeiden in Zeiten von Corona mit einer Gruppe von mehr als 10 Personen in einem geschlossenen Raum zu sitzen. Der zentral gelegene Tiergarten bot sich an, so dass unser Treffpunkt am Denkmal der im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma war und wir das Treffen mit dem Kennenlernen des Erinnerungsortes begannen, was uns thematisch einstimmen sollte. Der Gedenkort ist wie eine Insel im Grünen - in seine Umgebung eingebettet und doch tritt man hinein, fühlt man die Leere und Ruhe, die den Platz erfüllt. Der Architekt Dani Karavan beschreibt den Ort des Gedenkens und ich habe nach diesen Worten gesucht, die er so treffend fand. (https://www.stiftung-denkmal.de/denkmaeler/denkmal-fuer-die-im-nationalsozialismus-ermordeten-sinti-und-roma-europas/)
Um in Berlin sich mit dem Themen Erinnerungskultur zum Nationalsozialismus und Kolonialismus und der von Deutschland begangenen Verbrechen auseinander zu setzen, bedarf es oft nur weniger Schritte. Gedenktafeln, Denkmäler, Stolpersteine, Straßennamen, Monumente und vieles mehr sind im Stadtbild allgegenwärtig. Nicht desto trotz schaffen wir es im Alltag sie zu übersehen und aus zu blenden. Die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit ist spürbar weit von uns entfernt und hat mit unserem Alltag wenig zu tun. Denkt man... und irrt sich doch gewaltig. Die Geschichte bestimmt unseren Alltag und ist manchmal so nah mit unserer Welt verwoben und verflochten. Alles hängt miteinander zusammen. Themen, die uns neu erscheinen - die neu in unser Bewusstsein treten, sind nur zu verstehen, wenn der Blick in die Dunkelheit der Geschichte schweift.
"Darf ich ihnen eine persönliche Frage stellen?" Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, war kurz in mich gekehrt und vergaß mich und meine "Präsenz" in der Gegenwart. Es ist eine der Fragen, die von Diskriminierung betroffene nur allzu gut kennen - und wissen - die scheinbar harmlose "Frage" führt uns meist in unangenehme Gespräche.
Daher antwortete ich mit einem Lächeln, aber einem klaren "Nein", was jedoch nicht gehört oder überhört und übergangen wurde. Die Sicherheitsbeamte vor dem Denkmal war mehr an meinem Kopftuch interessiert, als daran, dass ich mit einer Gruppe von jungen Erwachsenen arbeite, sie für die Themen Antisemitismus, Antidiskriminierung und Erinnerungskultur sensibilisiere.
Warum ich das erzähle? Weil es so ein Nebenschauplatz ist, eine Alltagssituation, wo Vergangenheit auf Gegenwart trifft. Dieses als "Anders" markiert zu werden, zu meinen, ich müsste mich für mein Sein erklären, gar rechtfertigen, ist nie der Zeit gewichen.
Warum ich das erzähle? Weil es so ein Nebenschauplatz ist, eine Alltagssituation, wo Vergangenheit auf Gegenwart trifft. Dieses als "Anders" markiert zu werden, zu meinen, ich müsste mich für mein Sein erklären, gar rechtfertigen, ist nie der Zeit gewichen.
Es ist schwül und laut. Der Tiergarten ist voller Menschen an diesem Samstag in August. Viele Touristen und Spaziergänger sind unterwegs, nicht unweit vom Brandenburger Tor, dem Holocaust Denkmal und dem Reichstagsgebäude. Hier wurden Stein auf Stein Geschichte errichtet um die grüne Oase Berlins.
Um uns herum - auch Reichsbürger, die zur Demo am dahinter liegenden Reichstag marschieren. Sie wehen ihre Reichsfahnen und wir unterhalten uns darüber, was sie mit dieser Fahne wohl ausdrücken wollen?! Die Stimmung bei uns ist angespannt. Sind wir hier in Gefahr? Lieber weg hier!
Schon wieder trifft Vergangenheit auf Gegenwart. Wir entfernen uns, müssen immer weiter in den Tiergarten hinein, in der Hoffnung einen Ort zum Sitzen zu finden - mit Abstand natürlich - wo das Gegröle aus dem Mikrofon nicht mehr zu hören ist. Ob es gerade um Corona geht oder was das Thema ist, ist nicht mehr verständlich. Aber wir kämpfen gegen die Schreie und der Menge an - sind zusammen gekommen um die Demokratie zu stärken und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen.
Die einzelnen Tandems, gebildet aus jungen Erwachsenen mit Fluchterfahrung und Migrationsgeschichte stellen ihre Workshopplanungen vor. Sie erläutern ihre Themen und Schwerpunkte von Arbeitsverboten, zu Widerstand und Solidarität, von Ausgrenzungen und Formen von Antisemitismus - sie sind sich bewusst, dass die Themen und das Denken dahinter heute noch nachwirken. Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Verfolgung und Ermordung von Menschengruppen aufgrund ihrer Religion, Herkunft, körperlichen Beschaffenheit, sexuellen Orientierung und anderes hat uns stärker gemacht, uns ermutigt heute für ein gerechteres Miteinander einzustehen.
Wir heißen Mohammed, Tuba, Zidan, Maha, Oleg, Kassem, Erkam, Hoda, Abdulrahman, Nesreen, Madina und Natalia Amina.
Wir sind Manara - ein Leuchturm in der Dunkelheit.
Das Projekt Manara: Multiplikator*innen gegen Antisemitismus wird gefördert durch EVZ Foundation
#erinnerung #werember #liebestatthass #inssanislearning #gegenrassismus #gegenrechts
von Natalia Amina Loinaz (Projektleitung Manara bei @Inssan e.V.)
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von Natalia Amina Loinaz (Projektleitung Manara bei @Inssan e.V.)