Hier eine Liste der bisher erschienenen Begriffe:
Care Arbeit: 'care', Englisch für 'pflegen' in Verbindung mit 'Arbeit' auf Deutsch. Unter Care Arbeit werden Tätigkeiten um das Sorgen und sich-kümmerns zusammegefasst. Darunter fällt Kinderbetreuung oder Altenpflege, aber auch familiäre Unterstützung, häusliche Pflege oder Hilfe unter Freunden. Der Begriff Care Arbeit hat seinen Ursprung in feministischen Theorien, die sich mit Reproduktionarbeit beschäftigen und geht zurück in die 1990er. Gemeint ist die unsichtbare Arbeit, die überwiegend Frauen u.A. in der Kindererziehung leisten und die daraus entstehende Benachteilidung in der Gesellschaft, Gleichstellung und Arbeitswelt. Typisch für Care Arbeit ist, dass sie als selbstverständlich behandelt wird und unbezahlt ist. Traditionell wird sie von Frauen verrichtet. Aufgrund der Selbstverständlichkeit mit der die Care Arbeit von Frauen verlangt wird, entsteht Frauen ein struktureller Nachteil im gesellschaftlichen Leben. So ist z.B. eine berufstätige Frau doppelt belastet, wenn die Care Arbeit ausschließlich an ihr hängt.
Der Gesandte Allahs (saw) sagte: „Gewiss werden die Gerechten vor Allah auf Thronen von Licht sitzen: Es sind diejenigen, die gerecht entscheiden und Gerechtigkeit üben in den Angelegenheiten ihrer Familie und in den Angelegenheiten, für die sie Verantwortung tragen.” (Muslim)
Victim Blaming: "Victim" Englisch für Opfer und "blaming" für beschuldigen. Im Deutschen allgemein Täter-Opfer-Umkehr oder Opferbeschuldigung genannt. Victim blaming bezeichnet eine Ablenkungstaktik nach einer Straftat, einem Vergehen oder einer Beschuldigung. Bei victim blaming wird die oder der Betroffene einer Diskriminierung, eines verbalen oder körperlichen Übergriffes (sexualisierter oder nicht sexualisierter Natur) oder eines rassistischen Erlebnisses die Schuld für das Erfahrene zugeschrieben. Zum Beispiel werden Frauen nach einer Vergewaltigung danach gefragt, welche Art Kleidung sie trugen. Auf diese Weise wird die Verantwortung für die Straftat - in dem Fall Vergewaltigung - auf das Opfer abgewälzt. Die Folge ist, dass sich der Fokus auf das 'Opfer' richtet und in Ermittlungsverfahren z.B. Opfer von Vergewaltigungen intensiver befragt werden und ihnen tendentiell weniger Vertrauen entgegengebracht wird als Täter*innen. Betroffene von victim blaming müssen auf diese Weise doppelt leiden. Einmal durch das erlebte Unrecht und dann durch die Täter-Opfer-Umkehr, die sie daraufhin durchleben. Ein Beispiel für victim blaming im Kontext von Rassismus ist, wenn ein*e Betroffene*r auf rassistische Strukturen oder Sprache hinweist und die weiße Ansprechperson entgegnet, dass dies "reverse racism" wäre.*
„Das falsche Wort umfasst sowohl das Wort als auch die Handlung wie das falsche Zeugnis, die Heuchelei, die falsche Beschuldigung an Menschen und die üble Nachrede.“ (Bukhari)
Gaslighting: Gas, Englisch für Gas und lighting ebenfalls für belichten / Beleuchtung. Gaslighting ist ein Begriff aus der Psychologie und beschreibt ein weit verbreitetes Manipulations- und Missbrauchsverhalten. Die Spannbreite von Gaslighting reicht von harmloser Manipulation bis zu psychischem Missbrauch und wird oft nicht gleich oder gar nicht als solches bemerkt. Konkret wird bei Gaslighting Gesagtes oder bestimmte Taten und Geschehnisse geleugnet. Meist geschieht dies, weil die Gaslighting ausübende Person mit der Realität nicht im Reinen ist. Ein Mensch, der regelmäßig Gaslighting erfährt, beginnt an sich selbst und der eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. Auch ein Gefühl verrückt zu werden ist typisch für Menschen, die Gaslighting erleben. Der Begriff Gaslighting geht zurück auf eine flackernde Laterne in einem Theaterstück im Jahre 1938, in dem ein Ehemann seiner Frau so lange von ihr gesehene Dinge absprach (unter Anderem eine flackernde Gaslaterne), bis sie schließlich an sich selbst und ihrer Wahrnehmung zweifelte.
"Und verdeckt nicht das Wahre durch das Falsche, und verschweigt nicht die Wahrheit, wo ihr doch wisst!" (Quran 2:42)
Slutshaming: 'slut', englisch für 'Schlampe' und 'shaming', englisch für 'beschämen'. Slut shaming meint das verbale und / oder körperliche Angreifen von Frauen und Mädchen, die nicht dem jeweilig gesellschaftlich erwarteten Verhalten zum Thema Sexualität entsprechen. Die Bezeichnung "Slut", also Schlampe, wird hier von Frauen zum Zwecke der Selbstermächtigung übernommen um das Narrativ zu verändern. Slutshaming kann sehr vielfältig geschehen z.B. durch ächten, übler Nachrede, Blicke, direkte Angriffe oder Rufmord und wird sowohl von Männern als auch von anderen Frauen* ausgeübt. Die Gründe für die eine Frau slutshaming erfährt, können sehr divers sein.Von der Thematisierung bestimmter Themen bis hin zum Kleidungsstil. Im Grunde dient es dem Kleinhalten einer Frau, um patriarchale Strukturen aufrecht zu erhalten. Dabei muss es sich keineswegs um äußerst provokante Themen handeln, es reichen geringe Abweichungen von der als Norm festgelegten Verhaltensweise wie die Thematisierung der weiblichen Menstruation. Die Auswirkung davon ist, dass Frauen sich in ihrem Verhalten gehemmt fühlen und sich ständig "absichern" müssen über was sie sprechen und mit wem, da ihnen ansonsten gesellschaftliche Konsequenzen drohen.
„Die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sind einer des anderen Unterstützer, sie sollen sich für das Gute einsetzen und das Böse verhindern“ (Quran 9:71)
Mental load: Mental - Englisch für Gedanken und -load für -Belastung. Mental Load bezeichnet die unsichtbare Gedankliche Planungs- und Koordinierungsarbeit, die z.B. im Rahmen einer Familie anfällt. Meist übernimmt diese Koordinationsaufgabe in heteronormativen Familien auch heutzutage noch die Frau. Diese Aufgabe wird jedoch neben der eigenen Arbeit und Terminen als quasi eigenständiger Job erledigt und stellt eine ständige Belastung dar. Die Person mit der mental load ist Ansprechperson für alles Organisatorische und hat zudem die Verantwortung darüber, die Anderen zu erinnern. Während Männer meist ausschließlich die Last ihrer Erwerbstätigkeit tragen, tragen Frauen in den meisten Fällen zu ihrer Arbeitsbelastung die Verantwortung über die familiäre Organisation und sind damit - unsichtbar - doppelt belastet.
Es ist überliefert, dass der Prophet (saw) sagte: “Bezahlt den Lohn des Arbeitenden bevor sein Schweiß getrocknet ist.” (Ibn Majah)
Othering: "Other", Englisch für "Andere" und -ing für die Verbform. Othering bezeichnet die Selbstabgrenzung der vermeintlich eigenen Gruppe oder Kategorie zu einer anderen. Typisch für Othering ist die Aufwertung der eigenen und Abwertung der "anderen Gruppe". Dabei wird sich an Klischees und Zuschreibungen bedient. Auch hier spielt Macht eine wichtige Rolle. Z.B. werden weiße Menschen als gesellschaftliche "Norm" behandelt, während Schwarze Menschen als "Abweichung" von dieser Norm gesehen werden. Othering erstreckt sich sowohl auf das Geschlecht (Gender) als auch auf den Sozialen Status, ethnische Zugehörigkeit oder vermeintlich biologische Merkmale konstruierter Gruppen.
„Oh die ihr den Glauben verinnerlicht, seid Wahrer Allahs als Zeugen für die Gerechtigkeit. Und der Hass, den ihr gegen Leute hegt, soll euch ja nicht dazu bringen, dass ihr nicht gerecht handelt. Handelt gerecht!“ (Quran 5:8)
Tokenism: Token - Englisch für Symbol oder Beweis und -ism für -ismus. Tokenismus ist der Name einer Praxis, bei der ein*e Vertreter*in einer marginalisierten Gruppe der Öffentlichkeit als Paradebeispiel bewusst gezeigt oder vorgestellt wird, um zu zeigen, dass betreffende Gruppe nicht benachteiligt wird. Dies wird oft angewendet in der Einstellungspraxis und Selbstdarstellung von Firmen, in den Medien oder auch auf Webseiten von Modefirmen. So kann eine Frau in von Männern dominierten Berufen eingestellt und als "Alibi" dafür verwendet werden, dass tatsächlich Frauen eingestellt werden. Auch Männer können in Frauentypischen Berufen eine Tokenfunktion einnehmen. Sie erhalten dadurch jedoch im Gegensatz zu Frauen keine Nachteile. Eher haben sie eine Sonderposition, die ihnen zugute kommt. Die jeweilige Person mit Token-Funktion steht immer unter besonderer Beobachtung und wird als stellvertretend für ihre ganze Gruppe bzw. Kategorie behandelt. Tokenism findet jedoch nicht nur beim Thema Gender statt, es kann und wird bei jeder marginalisierten Gruppe angewendet. Besonders häufig werden einzelne Schwarze Menschen bewusst in Szene gesetzt, um den Eindruck von Diversität zu erzeugen.
Abu Huraira berichtete, dass er den Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, folgendes sagen hörte: „Wahrlich, der übelste aller Menschen ist derjenige, der zwei Gesichter hat, indem er sich zu diesen Menschen mit einem Gesicht und zu jenen mit dem anderen Gesicht begibt" (Sahih Al-Bucharyy)
Rassismus: Rassismus bewegt sich in einem weiten Spannungsfeld von Benachteiligungen, Privilegien, Macht und Geschichtlichen Kontexten. Rassismus deswegen knapp, oder abschließend zu definieren ist schwierig. Rassismus ist eine Ideologie, nach der Menschen aufgrund weniger Merkmale oder einer vermuteten Zugehörigkeit zu einer Gruppe als "Rasse" kategorisiert und beurteilt werden. Im akademischen Kontext spricht man von "Rassifizierungsprozessen", bei denen Menschengruppen zu einer "Rasse" gemacht werden. Bei rassistischen Aussagen und Handlungen kommt es nicht auf die Absicht der Person an, von der erwähntes ausgeht. Geschichtliche Kontexte und persönliches Empfindes des Empfängers spielen eine große Rolle. Heutzutag reden viele statt von „Rassen“ von unterschiedlichen Ethnien und Kulturen (Kultur- Rassismus). Dabei hat sich nur die Rhetorik verändert, nicht der Inhalt des Gesagten. Muslim*innen sind z.B. keine Ethnie. Jeder Mensch, egal welcher Nationalität und Hautfarbe kann muslim sein. In rassistischen Diskursen werden sie jedoch zu einer homogenen "Rasse" konstruiert. Rassismus lebt von Privilegien. So ist eine Voraussetzung von rassistischem Handeln, dass Privilegien im Spiel sind. Ein Mensch, der Rassismus erfährt, wird von einer Person, die mehr Privilegien besitzt fremddefiniert.Ihre Aktivitäten werden von der ausübenden Person durch eine ganz bestimmte "Brille" gesehen. Durch diese "Brille" wird alles, was der betroffene Mensch macht in eine bestimmte Kategorie geordnet und der oder die Betroffene nicht als Individuum, sondern als Stellvertreter*in einer gesamten Gruppe gesehen. Dabei ist so eine konstruierte Gruppe in der Realität total abwegig. Jeder Mensch ist individuell verschieden und wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. Zudem sind Menschen von unterschiedlichen Kategorien der Diskriminierung verschieden stark betroffen. Am wenigstens diskriminiert wird ein weißer, nichtbehinderter, heterosexueller cis-Mann.
Manspreading: 'man', englisch für 'Mann' und 'spreading', englisch für 'spreizen'. Manspreading ist die ausladende Körperhaltung von Männern in der Öffentlichkeit, besonders in öffentlichen Verkehrsmitteln. Dabei werden die Beine im Sitzen so weit auseinander gespreizt, dass den Sitznachbar*innen der Platz genommen wird.
Das bedeutet, dass meist weibliche Sitznachbarinnen entweder gezwungen sind, 1) sich körperlich klein zu machen oder 2) sich nicht klein zu machen und zwangsweise Körperkontakt mit dem Sitznachbarn herzustellen. Manspreading steht stellvertretend für den Platz, den Männer in der Gesellschaft selbstverständlich in Anspruch nehmen. Begünstigt wird dies dadurch, dass weibliche Menschen von Beginn ihres Lebens dazu angehalten werden, Rücksicht zu nehmen, niemanden zu stören und sich nicht in den Vordergrund zu stellen. Die Auswirkung davon ist, dass Frauen sich z.B. bei der Arbeit im Hintergrund halten und Männern den Vortritt lassen, bzw. zuarbeitende Aufgaben erledigen und karrieretechnisch zurückstehen.
„Keiner ist um Allahs Willen demütig, ohne dass Allah seinen Status erhöhen wird.“ (Muslim)
Cis-Gender: 'cis', lateinisch für cis- diesseits und 'gender', englisch für soziales Geschlecht. Cis-gender beschreibt die Selbstdefinition einer Person entsprechend ihres bei der Geburt zugeschriebenem biologischen und sozialen Geschlechts. Die Kategorie "Geschlecht" setzt sich durch das biologische Geschlecht und das soziale Geschlecht (gender) zusammen. In den Gender Theorien ist die Kategorie Geschlecht jedoch ein Konstrukt und mehr als nur zwei Geschlechter (männlich und weiblich) möglich. Das bedeutet, dass es zwischen männlich und weiblich ebenfalls Grauzonen gibt. So kann ein Mensch bei der Geburt z.B. aufgrund seiner äußeren Geschlechtsmerkmale als biologisch männlich eingestuft werden, dem sozialen Geschlecht nach jedoch nicht dieser Kategorie entsprechen. Wenn das Soziale und das Biologische Geschlecht nicht identisch sind, spricht man von transgender. Cis Gender ist das Pendant zu Transgender. Denn ein Cis-Mann oder eine Cis-Frau sind Menschen, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, welches ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde.
„Zu Seinen Zeichen gehört, dass Er euch Partner aus euch selbst erschaffen hat, damit ihr bei ihnen ruhet. Und dass Er zwischen euch Liebe und Barmherzigkeit gesät hat. Hierdrin sind für diejenigen, die nachdenken fürwahr Zeichen“ (Koran 30:21)