Fallzahlen 2021 - Antimuslimischer Rassismus:
Im Nachgang zu unserem Pressegespräch am 24.03.2022 haben wir, wie angekündigt, eine Presseschau angefertigt. Hier sind die Berichterstattungen über die Fallzahlen und die Veranstaltung, die wir für unsere Unterstützer, Partner und die Community zusammengetragen haben.
RBB 24, 24.03.22
Islamfeindlichkeit in Berlin
Das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit des muslimischen Vereins Inssan hat im vergangenen Jahr in Berlin 206 Fälle von antimuslimischen Beleidigungen, Bedrohungen oder Diskriminierungen registriert. Das teilte die Berliner Beratungsstelle am Donnerstag mit.
Demnach wurden 2021 im Hauptstadtgebiet etwas weniger Vorfälle als 2020 (228) und 2019 (265) gezählt. Der Grund sei aber kein Rückgang von Islamfeindlichkeit, sondern die Corona-Pandemie, hieß es.
Frauen am häufigsten betroffen
Am häufigsten waren demnach in Berlin Frauen betroffen (65 Prozent), Meldungen von Männern kamen in 20 Prozent der Fälle vor, der Rest waren Gruppen oder es wurde keine Angabe zum Geschlecht gemacht. Beleidigungen gab es demnach wegen der islamischen Religionszugehörigkeit, der ethnischen Herkunft und auch wegen des Geschlechts. Genannt wurden auch ein nichtdeutscher Name, dunkle Hautfarbe, Haarfarbe oder Bart als Grund für die Vorfälle. Opfer seien häufiger Frauen mit Kopftuch, hieß es.
Diskriminierung auch bei der Arbeit und in Kitas und Schulen
Etwas weniger als die Hälfte der Taten in Berlin (46 Prozent) wurden von Orten wie Straßen, Parkplätzen, Bushaltestellen und der Nachbarschaft gemeldet. 21 Prozent der Meldungen bezogen sich auf Vorfälle in Geschäften, bei Ärzten oder in Krankenhäusern. Außerdem gab es Berichte von Diskriminierungen bei der Arbeit oder Arbeitssuche, aus Kitas, Schulen und Universitäten.
Der islamische Verein Inssan will nach eigenen Angaben einen deutschsprachigen Islam fördern und tritt für Pluralismus, Verfassung und Demokratie ein.
Abrufbar unter: https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/03/berlin-muslimisches-netzwerk-beleidigungen-diskriminierungen-beratungsstelle-islamfeindlichkeit.html
taz, 24.03.2022
Antimuslimischer Rassismus in Berlin: Etwas weniger Feindlichkeit
Die Meldezahlen von antimuslimischem Rassismus sind in der Coronazeit leicht gesunken, zeigen Daten des Netzwerks gegen Diskriminierung.
Eine Kopftuch tragende Impfärztin fragt im Impfzentrum eine Mitarbeiterin nach dem Dienstraum der Ärzte. Die Mitarbeiterin entgegnet: „Sie gehören ganz sicher nicht hierher!“ Umstehende Mitarbeiter*Innen intervenieren. Auf die Frage der ärztlichen Leitung, ob sie bei einem weißen Mann genauso reagiert hätte, antwortet sie: „Nein, natürlich nicht.“
Seit 2016 sammelt das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit des Vereins Inssan Fälle von antimuslimischem Rassismus wie diesen. Die meisten Vorkommnisse, sagt Projektleiterin Zeynep Çetin bei der Vorstellung der neuen Zahlen am Donnerstag, würden per Internet-Formular unter www.inssan.de gemeldet.
206 Fälle waren das 2021, erneut ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (2020: 228). Höhepunkt war 2019 mit 265 Fällen. Den Rückgang führte Çetin wie schon im vorigen Jahr auf die Lockdown-Situation seit Corona zurück sowie darauf, dass wegen der Pandemie weniger Aufklärungs- und Bildungsangebote stattgefunden haben, die oft erst ein Bewusstsein für Diskriminierungen schafften.
Weiterhin finden die meisten Vorkommnisse (45 Prozent) im sozialen Nahraum statt. Danach kommt der Bereich Güter/Dienstleistungen (21), hierzu zählen etwa Ärzte und Geschäfte, sowie der Bereich Arbeit (16). Über Diskriminierung in Letzterem klagten oft Frauen, so Çetin, die wegen ihre Kopftuchs eine Arbeitsstelle nicht bekommen. Sie forderte erneut ein Ende der „staatlichen Diskriminierung durch das sogenannte Berliner Neutralitätsgesetz“. Die gemeldeten Formen der Diskriminierung sind zumeist Beleidigungen, Anfeindungen sowie Ausschlüsse.
Was die Diskriminierungsgründe angeht, so gaben 180 der meldenden Personen an, „vordergründig“ aufgrund ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen islamischen Religionszugehörigkeit diskriminiert worden zu sein. 144 Muslim*innen erfuhren zudem aufgrund ihrer (zugeschriebenen) ethnischen Herkunft Anfeindungen und 73 Personen auch aufgrund ihres Geschlechts.
Multiple Diskriminierungen
„Somit überschneiden sich bei einer Vielzahl von Meldungen verschiedene Diskriminierungsgründe“, so Cetin. In Richtung Senat forderte sie vor allem, die Handlungsempfehlungen der im vorigen Jahr eingesetzten Expert*innenkommission zu antimuslimischem Rassimus „unverzüglich“ umzusetzen. Als erstes Bundesland hatte Berlin eine solche Kommission vor einem Jahr eingesetzt: Sie soll Empfehlungen zu Prävention und Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus erarbeiten.
Die Ergebnisse dieser Arbeit würden „demnächst“ der Justizsenatorin vorgelegt, erklärte Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS), die am Pressegespräch teilnahm.
Was genau die Expert*innen vorschlagen, könne sie noch nicht verraten. Aber Ünsal versprach: „Wir wollen die Empfehlungen umsetzen.“
Abrufbar unter: https://taz.de/Antimuslimischer-Rassismus-in-Berlin/!5840479/
ND am 24.03.2022
Plötzlich ist die Wohnung nicht mehr zu vergeben
Menschen, die muslimisch sind oder als solche wahrgenommen werden, erleben in Berlin tagtäglich Diskriminierung
Es traf eine dreiköpfige Familie. Hatte sie scheinbar das Bewerbungsverfahren für eine landeseigene Wohnung in der Neuköllner Gropiusstadt erfolgreich absolviert, wendete sich das Blatt in dem Moment, in dem die Familie, die sich noch im Asylverfahren befindet, kurz vor Unterzeichnung des Mietvertrags die Pass-Kopien per Fax an die Gesellschaft sandte: «Innerhalb von zwei Minuten kam die Absage der Wohnung», berichtet Remzi Uyguner von der Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt «Fair mieten - Fair wohnen» am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz des Netzwerks gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit. Kurz darauf sei die Wohnung wieder im Internet ausgeschrieben worden. Auf Nachfrage hatte es geheißen: Die Wohnung sei mit 70 Quadratmetern zu klein für die Familie. «Das hätte ja schon vorher ein Ausschlussgrund gewesen sein müssen», sagt Uyguner. «Wir gehen davon aus, dass die Absage kam, weil die Passkopie das Foto der Bewerberin mit Kopftuch zeigt.»
Antimuslimischer Rassismus ist auf dem Berliner Wohnungsmarkt gang und gäbe, auch wenn er sich oft nur schwer beweisen lässt, erklärt Christiane Droste, die ebenfalls für die Fachstelle tätig ist. «Aber jeder Fall zählt, auch wenn uns die Wohnungsunternehmen entgegenhalten, dass wir nur eine verschwindend geringe Zahl von Diskriminierungsvorfällen im Vergleich zu Tausenden Vermietungen anbringen würden.»
Die zunächst recht freundliche und vielversprechende Kommunikation in der Anfangshase der Wohnungsbewerbung wende sich oft in dem Moment, in dem die Zugehörigkeit der Bewerber*innen zur islamischen Religion sichtbar wird, abrupt zu einer Ablehnung. Von Betroffenen gemeldet werden solche Vorfälle auch deshalb eher selten, weil diese befürchten, dass ihnen daraus Nachteile bei einer weiteren Bewerbung entstehen könnten. Ähnlich sei es auch der dreiköpfigen Familie ergangen, die eine juristische Verfolgung des Falles trotz guter Chancen ablehnte, weil sie Angst vor negativen Auswirkungen auf ihren Asylprozess hatten.
Name und Aussehen zählen
Das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit, ein Projekt des Vereins Inssan, sammelt Vorfälle wie diesen. Die Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt stelle nur ein Feld dar, in dem Menschen, die sich selbst als muslimisch bezeichnen oder so wahrgenommen werden, damit konfrontiert sind, dass sie aufgrund ihres Namens oder Aussehens Rassismus erfahren, erklärt Projektleiterin Zeynep Çetin. Dem Netzwerk seien für das Jahr 2021 insgesamt 206 Vorfälle gemeldet worden, berichtet sie. Im Bereich sozialer Nahraum werden mit knapp der Hälfte kontinuierlich die meisten Vorfälle erfasst. Hierzu zählt der öffentliche Raum, in dem sich Menschen mehr oder weniger zufällig begegnen - ob auf der Straße, auf Parkplätzen, an Bushaltestellen, im Supermarkt oder in der Nachbarschaft, erklärt Çetin. «Im Vorbeifahren» werden häufig Menschen beleidigt, bespuckt und tätlich angegriffen. Frauen werde das Kopftuch heruntergerissen.
Mit Kopftuch nicht ins Impfzentrum
Jeder fünfte Vorfall findet in Geschäften des täglichen Bedarfs oder auch bei Ärzt*innen oder in Krankenhäusern statt. «So wie die Patientin, die vom Arzt, der ihr die Corona-Impfung geben soll, wiederholt gefragt wird, ob sie ihn verstehe und Deutsch spreche, und obwohl sie das mehrfach bejaht, von ihm nicht ausreichend über die Impfung aufgeklärt wird», erläutert die Inssan-Mitarbeiterin.
Zahlreiche Meldungen betreffen den Bereich Arbeit. Hierzu zählen die Arbeitsuche, die Bewerbung sowie bestehende Arbeitsverhältnisse. Oft werden Benachteiligungen bei der Arbeitsuche aufgrund des Kopftuches gemeldet. Oder auch Fälle wieder dieser: «Eine Ärztin mit Kopftuch wird nicht zu ihrem Arbeitsplatz im Impfzentrum vorgelassen und von der Sicherheitsmitarbeiterin mit dem Hinweis abgewiesen, »sie gehöre ganz sicher nicht hierher«.
Abgesehen von religiösen Symbolen geben 144 der Muslim*innen, die Vorfälle gemeldet haben, an, auch wegen ihrer ethnischen Herkunft Anfeindungen erlebt zu haben, viele zudem, weil sie Frauen waren. Somit überschneiden sich bei einer Vielzahl von Meldungen verschiedene Diskriminierungsgründe. Insgesamt sind Frauen häufiger von antimuslimischem Rassismus betroffen als Männer. Unter den äußerlichen Merkmalen, die als relevant für Vorfälle gelten, werden »Nichtdeutsche«, Name, dunkle Hautfarbe, Haare und Augen, Bart und das Kopftuch am häufigsten genannt.
Es seien zwar weniger Fälle gemeldet worden als im Vorjahr (228), die Gesamtzahlen von 2016 bis 2021 zeigten dennoch eine Steigerung von über 80 Prozent. Als Grund für den leichten Einbruch wird angenommen, dass die Arbeit der Anlauf- und Beratungsstelle des Netzwerks in der Gitschiner Straße in Kreuzberg während der Corona-Pandemie nur eingeschränkt weitergehen konnte. Digitale Formate seien zudem nicht niedrigschwellig genug gewesen. Auch die nur eingeschränkt mögliche Durchführung von Angeboten zur Ermutigung von Betroffenen wirke sich auf das Meldeverhalten aus.
Zu den beim Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit registrierten Vorfällen kommen zusätzlich 174 Meldungen von den berlinweiten Registerstellen. Auch andere Berliner Antidiskriminierungsberatungsstellen erfassen Daten.
Abrufbar unter: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162452.diskriminierung-von-muslimischen-menschen-in-berlin-ploetzlich-ist-die-wohnung-nicht-mehr-zu-vergeben.html
IslamiQ, 24.03.2022
Muslimisches Netzwerk erfasst 206 islamfeindliche Vorfälle
Bei antimuslimischem Rassismus gibt es in Berlin nach Einschätzung des Netzwerks gegen Islamfeindlichkeit eine gefährliche Entwicklung. Hierzu wurde ein Bericht vorgestellt.
Eine Berliner Beratungsstelle gegen Islamfeindlichkeit hat im vergangenen Jahr 206 Fälle von antimuslimischen Beleidigungen, Bedrohungen oder Diskriminierungen registriert. Das waren etwas weniger Vorfälle als 2020 (228) und 2019 (265). Der Grund sei aber kein Rückgang von Islamfeindlichkeit, sondern die Corona-Pandemie, teilte das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit des muslimischen Vereins Inssan am Donnerstag mit.
Am häufigsten waren Frauen betroffen (65 Prozent), Meldungen von Männern kamen in 20 Prozent der Fälle, der Rest von Gruppen oder ohne Angabe des Geschlechts. Beleidigungen gab es demnach wegen der islamischen Religionszugehörigkeit, der ethnischen Herkunft und auch wegen des Geschlechts. Opfer waren häufiger Frauen mit Kopftuch.
Genannt wurden auch ein nichtdeutscher Name, dunkle Hautfarbe, Haarfarbe oder Bart als Grund für die Vorfälle.
Etwas weniger als die Hälfte der Taten (46 Prozent) wurden von Orten wie Straßen, Parkplätzen, Bushaltestellen und der Nachbarschaft gemeldet. 21 Prozent der Meldungen bezogen sich auf Vorfälle in Geschäften, bei Ärzten oder in Krankenhäusern. Außerdem gab es Berichte von Diskriminierungen bei der Arbeit oder Arbeitssuche, aus Kitas, Schulen und Universitäten.
Abrufbar unter: https://www.islamiq.de/2022/03/24/islamfeindlichkeit-muslimisches-netzwerk-zaehlt-206-vorfaelle/
BZ am 24. März 2022
Muslimisches Netzwerk zählt 206 Beleidigungen und Diskriminierungen
Eine Berliner Beratungsstelle gegen Islamfeindlichkeit hat im vergangenen Jahr 206 Fälle von antimuslimischen Beleidigungen, Bedrohungen oder Diskriminierungen registriert. Das waren etwas weniger Vorfälle als 2020 (228) und 2019 (265). Der Grund sei aber kein Rückgang von Islamfeindlichkeit, sondern die Corona-Pandemie, teilte das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit des muslimischen Vereins Inssan heute mit.
Abrufbar unter: https://www.bz-berlin.de/liveticker/muslimisches-netzwerk-zaehlt-206-beleidigungen-und-diskriminierungen
Zeit Online, 24. März 2022
Islamfeindlichkeit: Muslimisches Netzwerk zählt 206 Diskriminierungen
Eine Berliner Beratungsstelle gegen Islamfeindlichkeit hat im vergangenen Jahr 206 Fälle von antimuslimischen Beleidigungen, Bedrohungen oder Diskriminierungen registriert. Das waren etwas weniger Vorfälle als 2020 (228) und 2019 (265). Der Grund sei aber kein Rückgang von Islamfeindlichkeit, sondern die Corona-Pandemie, teilte das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit des muslimischen Vereins Inssan am Donnerstag mit.
Am häufigsten waren Frauen betroffen (65 Prozent), Meldungen von Männern kamen in 20 Prozent der Fälle, der Rest von Gruppen oder ohne Angabe des Geschlechts. Beleidigungen gab es demnach wegen der islamischen Religionszugehörigkeit, der ethnischen Herkunft und auch wegen des Geschlechts. Opfer waren häufiger Frauen mit Kopftuch. Genannt wurden auch ein nichtdeutscher Name, dunkle Hautfarbe, Haarfarbe oder Bart als Grund für die Vorfälle.
Der islamische Verein Inssan will nach eigenen Angaben einen deutschsprachigen Islam fördern und tritt für Pluralismus, Verfassung und Demokratie ein.
Abrufbar unter: https://www.zeit.de/news/2022-03/24/muslimisches-netzwerk-zaehlt-206-diskriminierungen?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
Islamische Zeitung am 25.03.2022
Netzwerk gegen Diskriminierung: Antimuslimischer Rassismus in Berlin weiter hoch
Das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit von Inssan e.V dokumentiert mit 206 Vorfällen für das Jahr 2021 weiterhin eine gefährliche Entwicklung in Berlin. Zusätzlich kommen weitere 174 Meldungen von den berlinweiten Registerstellen. Zusammen sind es 380 erfasste Fälle im Bereich des Antimuslimischen Rassismus.
Die Anlaufstelle erfasst seit 2016 systematisch Beleidigungen, Anfeindungen, Benachteiligungen und tätliche Angriffe auf Muslim*innen und Menschen, die als solche markiert werden. Es handelt sich um eine standardisierte Datenerfassung. Bei den Fallzahlen handelt es sich um Meldungen betroffener Menschen. Die Dokumentationsstelle arbeitet nicht als Recherche- und Monitoring-Stelle. Meldungen werden überwiegend schriftlich über den Meldebogen oder über den Meldelink www.inssan.de/meldung an die Anlaufstelle herangetragen.
Dem Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit wurden im Jahr 2021 insgesamt 206 Vorfälle gemeldet. Das ist ein Abfall von 9,65 Prozent zum Vorjahr (2020: 228). Die Gesamtzahlen der Meldungen von 2016 bis 2021 zeigt dennoch eine Steigerung von über 80 Prozent. Ein Grund für den leichten Einbruch ist, dass die Arbeit der Anlauf- und Beratungsstelle während der Corona-Pandemie nur eingeschränkt weitergehen konnte. Digitale Formate nicht niedrigschwellig und für jede*n zugänglich waren. Die eingeschränkte Durchführung von Empowerment Angeboten wirkt sich auf das Meldeverhalten der Betroffenen aus.
Die Dokumentationsstelle zählt im Bereich sozialer Nahraum kontinuierlich die meisten Vorfälle. Seit 2 Jahren registriert sie einen Anstieg der Meldungen im Bereich Güter- und Dienstleistungen.
Für das Jahr 2021 wurden 45,6 Prozent der Fälle im Sozialen Nahraum erfasst. Hierzu zählt der öffentliche Raum, in denen Menschen mehr oder weniger zufällig aneinander begegnen. Auf der Straße, auf Parkplätzen, an Bushaltestellen, im Supermarkt oder in der Nachbarschaft.
21 Prozent der Meldungen sind aus dem Bereich Güter- und Dienstleistungen. Die Meldestelle verzeichnet in diesem Bereich seit 2 Jahren einen Anstieg der Meldungen (2020:38); (2021:44). Hier wurden die meisten Vorfälle in Geschäften des täglichen Lebens oder auch bei Ärzten/Krankenhäusern, somit im Gesundheitswesen gemeldet.
16,0 Prozent der Meldungen betreffen den Bereich Arbeit. Hierzu zählen die Arbeitssuche, Bewerbung sowie bestehende Arbeitsverhältnisse. Oft werden Benachteiligungen bei der Arbeitssuche aufgrund des Kopftuches auf dem privaten Arbeitsmarkt oder im öffentlichen Dienst gemeldet. 10,7 Prozent der Fälle stammen aus dem Bereich Bildung. Hierzu zählen Kita, Hort, Schule, Universität, und berufliche und nichtberufliche Weiterbildungen und Praktika.
Wie aus der Dokumentation hervorgeht, wurden 180 der meldenden Personen vordergründig aufgrund ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen islamischen Religionszugehörigkeit diskriminiert. 144 Muslim*innen erfuhren zudem auch aufgrund ihrer (zugeschriebenen) ethnischen Herkunft Anfeindungen und 73 Personen auch aufgrund ihres Geschlechtes. Somit überschneiden sich bei einer Vielzahl von Meldungen verschiedene Diskriminierungsgründe. Diese Diskriminierungsgründe oder Zuschreibungen sind fest miteinander verflochten und erzeugen spezifische Diskriminierungs-erfahrungen (intersektionale Diskriminierung). Muslimische Frauen mit Kopftuch werden beispielsweise benachteiligt aufgrund der Religion, des Geschlechts und ihrer ethnischen Zugehörigkeit, da das Tragen des Kopftuches einerseits ein religiöses Symbol darstellt, gleichzeitig aber auch ein äußeres Merkmal ist, aufgrund dessen häufig die automatische Zuschreibung zu einer bestimmten ethnischen Gruppe erfolgt- unabhängig davon, ob diese zutreffend ist oder nicht.
Insgesamt sind Frauen häufiger von Antimuslimischen Rassismus betroffen als Männer. Im Jahr 2021 waren 65,0 Prozent der Meldenden weiblich. Nur 19,9 Prozent der Meldungen kamen von Männern, der Rest von geschlechtsgemischten Gruppen oder ohne Angabe des Geschlechts.
Bei den äußerlichen Merkmalen mit Relevanz für den Vorfall werden „Nichtdeutscher“ Name, dunkle Hautfarbe/Haare/Augen, Bart und das Kopftuch am häufigsten genannt.
Die Hälfte der Diskriminierungserfahrungen (49,5 Prozent) sind von Menschen zwischen 27 und 50 Jahren gemacht, 30,6 Prozent der Meldungen von Menschen unter 27 Jahren.
Inssan e.V. ist offizielle Anlaufstelle der Berliner Registerstellen. Auch andere Berliner Antidiskriminierungsberatungsstellen erfassen Daten, wie die Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt (Fair Mieten- Fair Wohnen), das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (ADNB) oder die Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS). Diese haben auf der Pressekonferenz von Inssan e.V. aus ihren spezifischen Arbeitsbereichen informiert.
„Jeder antimuslimische Vorfall ist einer zu viel, der immer noch kontinuierlicher Anstieg der bei uns gemeldeten Diskriminierungserfahrungen ist besorgniserregend. Wir wissen aus der Arbeit, dass das Dunkelfeld viel größer ist. Wir wissen auch, dass eine statistische Erfassung und Sichtbarmachung von Antimuslimischen Rassismus nicht ohne wirksame Empowerment Angebote für die muslimischen Communities möglich ist. Das leisten wir bei Inssan eV,“ so Zeynep Çetin, Projektleiterin des Netzwerks gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit.
Weiter gibt zu bedenken: „In (halb-) öffentlichen Diskursen, auch auf politischer Ebene, verfolgen wir seit Jahren eine stereotype Stigmatisierung des Kopftuches. Viele muslimische Frauen erfahren Ablehnung bei der Arbeitssuche aufgrund ihres Kopftuches. Hier fordern wir ein Ende der staatlichen Diskriminierung durch das sog. Berliner Neutralitätsgesetz, die viele muslimische Frauen um ihre beruflichen Chancen bringt.“
Die Leiterin von ADAS, Aliyeh Yegane stellt fest: „Wir haben durch unsere Studie einen sehr hohen Handlungsbedarf für Berliner Schulen festgestellt, da es zu viele Schulen sind, von denen muslimische Schüler*innen berichten, dass sie ein ausgrenzendes Schulklima und direkte wie indirekte Diskriminierungen in Bezug auf ihre islamische Identität erleben.“
Die Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt erklärt: „Die zunächst recht freundliche und vielversprechende Kommunikation der Wohnungsbewerbung wendet sich in dem Moment, in dem die Zugehörigkeit der Bewerberin zu der islamischen Religion sichtbar wird, abrupt zu einer Ablehnung. Viele Wohnungssuchende melden sich mit genau dieser Erfahrung bei der Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Sie erleben eine Diskriminierung aufgrund ihrer Religion und das ist nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) nicht zulässig. In solchen Fällen unterstützt die Fachstelle die Betroffenen u.a. mit Beschwerdebriefen bis hin zu einer möglichen Klageerhebung.“
Von der Berliner Politik fordert Inssan e.V. die Implementierung von Präventions- und Empowerment-Strategien gegen Antimuslimischen Rassismus.
Der Ausbau der spezifischen Beratungsstelle von Inssan e.V. ist evident, um Betroffene besser begleiten, beraten und unterstützen zu können. Auch fordern wir die Institutionalisierung der Expert*innenkommission und die unverzügliche Umsetzung der seit letztem Jahr erarbeiteten Handlungsempfehlungen der Kommission.
Abrufbar unter: https://islamische-zeitung.de/netzwerk-gegen-diskriminierung-antimuslimischer-rassismus-in-berlin-weiter-hoch/
Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit
Inssan e.V.